Attische Nacht

Vollmond über der Akropolis.
Tausend Lichter schimmern von Athen
– wie die Seelen aller großen Geister,
die einst hier gewirkt – geliebt – verglüht.
Weiße Helle fließt um jeden Stein,
Hauch und Duft wird jedes harte Dunkel.
Stolz das ewig schöne Erechtheion
recht die klassisch reinen Mädchenleiber,
und des Parthenon erhabener Bau
Schwimmt im Mondglanz – gloreolgeküßt.

Doch am Niketempel gleißt das Meer,
von der Insel Salamis beschlossen.
Hehr und heilig in den ewigen Aether
ragt Eleusis Tempelpracht darüber.

… In den Nächten, silberhell wie heut,
zogen hoch vom Parthenon herab,
Fackeln tragend, Weihrauchpfannen schwingend,
und mit Purpurrosen reich umkränzt,
bei der Zymbeln schrillem, heißem Tönen
all die Wissenden des Menschenlebens.
Mit dem Siegeszeichen ihrer Liebe,
das im Mondglanz blaue Schatten dämmert

über ihren sinnentrunknen Leib,
ziehen sie herab die heilige Straße,
weit und weiter – durch Olivenhaine –,
an des Meeres schaumbekränzten Ufern,
goldig schillernd – eine Riesenschlange.
Ueber marmorweiße Tempelstufen
wollen sie durch dunkel erzne Pforten,
die sich hinter ihnen dröhnend schließen.
Durch die attisch veilchenblauen Nächte,
ächzen ihre sündenbrünstigen Lieder,
bringen um den Schlaf den Liebelosen,
zeugen Wollust in den keuschsten Herzen.

Einsam wälzend sich auf schmalem Lager,
lauscht die Tugend bang den Brunstgesängen,
die sie schwach und schwächer noch umtönen.
In Eleusis aber schwellen höher,
überschäumend heiß in Lebenswogen,
Sinn und Sein.

Im Taumel, krampfverzerrt,
stürzen zu Astartens Füßen nieder,
lustzerfleischt – in ungeheurer Brunst,
ihrer Jünger ungezählte Scharen. – –

Schwarz und ehern hüten Tempelpforten
Menschendaseins tiefstes Urgeheimnis.

Durch die attisch veilchenblaue Nacht
leuchtet mondweiß die Akropolis!

Hermione von Preuschen


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