Lugnasad und Vollmond in Hallein

… und die nacht ist so lau und so knapp vor dem vollen monde, daß eine unruhe in ihm ist, aus den perseiden strömen die himmelstränen über das land, der wind streift weich über das raschende gras und die düfte sind stark und es riecht nach kindheitstoben und nach erinnerungen;
es erinnert an erstes zagendes tasten nach händen und gesichtern und brüsten in den sommern der jugendzeit, an wünsche und träume, es riecht nach feldern und wäldern, es riecht so, wie es auf dem hügel gerochen hat in seiner erzählung ‚all das alles auf eines zitternden fingers schwebe‘, als er den traum, seinen unschuldigen traum träumte, es riecht nach lebendigem leben; die brust schwillt an, gedanken an längst vergangen gedachtes kommen aus der tiefe hoch, der mond steht so stille, der atem wird kurz, die kehle eng, weil vergangen, vergangen und nur noch zu erinnern!! dann nimmt er das bündel seiner gedanken, webt einen faden aus mondstrahlen darum, knotet seine kleinen und seine großen sorgen und probleme ganz fest hinein und schneidet dann knoten für knoten ab; diese fallen in eine schale und verbrennen im kerzenschein. frei! freiheit unterm sternenzelt … das war sicher auch ein Grund dafür, hierher zu fahren. Hierher, in die Landschaft, in der vor Jahrtausenden die Kelten das Salz gepflückt haben; oberirdisch von den Wiesen und aus den Öffnungen unterhalb des Dürrnberges.

Dort auch hatten sie eine ihrer großen Siedlungen, trieben Handel mit den Römern, lebten, liebten, starben; und solch ein Keltengrab, das Grab eines Fürsten samt Beigaben, wurde hier gefunden. Ein Dorf ist nachgebaut worden und bei der Fahrt durch den Salzstock sieht man Dioramen nachgestelltt. Jene bringen diese Zeit dinglich, räumlich und mental näher. Das umfassendste Keltenmuseum ist in Hallein und in Hallstatt zuhause. Was liegt also näher, so wenige Tage nach dem ersten August, so wenige Tage nach dem ‚Lugnasad-Fest‘ der Kelten, hier den Ritus der Ernte und des Opferns zu vollziehen. Was liegt also näher, als die mitgebrachten Runensteine und die Hölzer und die Gedanken in dieser, mystisch durchströmten Nacht zu weihen.

Sternenströme, leise keltische melodien, warme winde, offenes herz, tanzende schritte, verhaltene worte, gebende, nehmende hand, weg-findung hin zum eingange der anderswelt, rauschen der blätter der eberesche, schutzbaum und behüterin der träume, hingeflüstert ihm die wünsche, die ängste, die hoffnungen und auch die verlorenen gedanken … das ist die Vollmond-Nacht, welche eine Reise hierher allein schon lohnenswert gemacht hat!

Wobei zu bemerken sei, daß hier kein Lohn in diesem Sinne zu erhalten ist. Die Stille, die stille Freude an der Findung seiner Selbst, das Eins-Sein, selbst im All-Ein(s)-Sein, dieser nicht nur gedankliche, nein, auch körperliche Prozeß hat eine befreiende, stärkende Wirkung. Aber viel darf er davon nicht den Fremden erzählen. Sie sind wie die Stadtbürger in H. Hesses „Knulp“, deren Manche eine Sehnsucht in sich spüren, aber aus gesellschaftlichen, rationalen und anderen Gründen diese Hürde des ‚Verrücktwerdens‘ (von: weg rücken von etwas) nicht überspringen können oder/und wollen. Und es wird beim Bekannt-werden dieser Art nach der Ernsthaftigkeit seines Lebens, seines Arbeitens gefragt. Und Manchem erscheint diese Art des Lebens, des Erlebens suspekt. Ja, so etwas darf nur in Filmen und Romanen der ‚fantasie‘ geschehen, aber doch nicht in realiter!!!

Dennoch, Jungs und Mädels: „…einmal, einmal nur solltet ihr in der morgenfrühe nach solch einer vollmondnacht euch aus der taubedeckten, warmen wiese erheben, die tautropfen euch von den ersten sonnenstrahlen fortküssen lassen, falls niemand bei euch ist, der sie euch und dem ihr sie von der haut küssen könnt, stellt euch in den kühlen wind, welcher dem sonnenaufgange vorausweht und haltet diese gefühle aus. Dann erst, ja, dann erst, nach dieser gemachten erfahrung, dann erst hebt erneut euere stimme zum hadern mit dieser art des denkens und lebens! Ihr werdet entweder jünger und anhänger dieser stillen, leisen kultur der natürlichen lebensweise werden oder aber, was ich viel schlimmer fände: ihr bleibt verstockt und habt freiwillig eure Träume in den Abtritt des Lebens geschüttet!“

ian-jonathan der weiße schatten

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