Mehr Geburten bei Vollmond?

Es wird oft gesagt, dass bei Vollmond mehr Kinder geboren werden. Mittlerweile haben verschiedene Untersuchungen ergeben, dass dies nicht der Fall ist.

Als bekanntes Beispiel kann eine amerikanische Studie aus den Jahren 1997–2001 genannt werden, die den Einfluss des Mondzyklus auf Geburten untersucht hat, mit der beeindruckenden Anzahl von 564.039 Geburten über einen Zeitraum von 62 Mondzyklen. Es wurde also nicht nur der Vollmond, sondern alle Phasen des Mondzyklus betrachtet mit dem Ergebnis, dass es keinen nachweisbaren Zusammenhang gibt:

»Eine 5-jährige Datenanalyse zeigte keinen vorhersagbaren Einfluss des Mondzyklus auf Geburten oder Geburtskomplikationen. Wie erwartet, ist dieser verbreitete Mythos nicht evidenzbasiert.«

Arliss JM, Kaplan EN, Galvin SL.
Am J Obstet Gynecol. 2005 May;192(5):1462-4
www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed

Sicherlich gibt es unzählige Beispiele, in denen der Mondzyklus und insbesondere der Vollmond in den verschiedenen Kulturen der Welt eine Rolle gespielt hat und es liegt nahe, dass dies auch im Zusammenhang mit der Geburt gesehen wurde. Und sicherlich trägt auch die Länge des Mondzyklus mit ca. 29,5 Tagen – der damit etwa so lange dauert wie im Durchschnitt der weibliche Menstruationszyklus – und auch die Symbolik des Monds als weibliches Prinzip dazu bei, dass sich dieser Glaube festigen konnte und auch nach wie vor präsent ist.

Aber auch wenn es heute vielen Menschen so vorkommt (insbesondere denen, deren Kind bei Vollmond zur Welt gekommen ist und die möglicherweise eine überfüllte Geburtenstation erlebt haben), scheint es nunmehr klar zu sein, dass die Annahme »Mehr Geburten bei Vollmond« in das Reich der Legende gehört. Es handelt sich wohl um einen sogenannten populären Irrtum.

Selbst die Tatsache, dass sehr viele Menschen an eine Verbindung von Vollmond und Geburten glauben, ergibt offenbar keine messbare Wirkung im Sinne einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung. Denn auch das hätte folgerichtig in der oben genannten Studie seinen Niederschlag finden müssen.

Denkt man noch einen Schritt weiter, könnte man noch die kritische Frage stellen, ob möglicherweise bei Vollmond mehr Kaiserschnitte durchgeführt werden, weil der Glaube an den Zusammenhang von Geburt und Vollmond die Entscheidung über den Zeitpunkt der Durchführung des Kaiserschnitts beeinflussen könnte? Da aber der Vollmond eindeutig weniger wichtig ist, als die medizinischen Aspekte einer Geburt, dürfte diese Frage wohl zu verneinen sein.

Der Vollmond begleitet uns. Was aber seine unmittelbare Wirkung auf unser Leben betrifft, so scheint diese deutlich geringer auszufallen, als wir Menschen das manchmal erwarten würden.

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